John Stuart Mill und Harriet Taylor Mill
Symposium zum 150. Todesjahr J.S. Mills am 15. April 2023 in Nürnberg & via Zoom
© Gesellschaft für kritische Philosophie/Humanistische Akademie 2023
Abgesagt!
Symposium über John Stuart Mill & Harriet Taylor Mill
Leider musste die Veranstaltung kurzfristig abgesagt
werden. Wir bitten um Verständnis!
Das nächste Symposium wird am 16. März 2024
stattfinden. Thema: „Die europäische Aufklärung –
ausgewählte Perspektiven zum Kant-Jahr“
(Arbeitstitel).
John Stuart Mill (1806-1873) gehört im englischsprachigen Raum
zu den maßgebenden und einflussreichsten Philosophen des
19. Jahrhunderts. Seine Bedeutung wird dort weit höher
eingeschätzt als die von Zeitgenossen wie Marx oder Nietzsche.
In der deutschsprachigen Philosophie dagegen wird ihm der Status
eines Klassikers hartnäckig verweigert. Liegt das daran, dass Mill
sich außerhalb der akademischen Welt bewegte und vor allem als
philosophischer Publizist wirkte? Oder fehlt ihm die in der deut-
schen Philosophie so beliebte metaphysische Weihe, mit der sich
Formen obskurantistischen Tiefsinns immer wieder zu schmücken
pflegen?
Mill ist jedenfalls ein durch und durch nüchterner, analytischer
und problemorientierter Philosoph, der nicht durch Rhetorik,
sondern durch die Klarheit und Überzeugungskraft seiner
Argumente besticht. Seine Bedeutung in systematischer Hinsicht
kann gar nicht überschätzt werden. In jedem seiner Hauptwerke
hat er sich als Vordenker und Impulsgeber für jene Positionen
erwiesen, die das Denken der westlichen Philosophie im 20. und
beginnenden 21. Jahrhundert ganz wesentlich mitbestimmt haben.
So skizziert er etwa bereits die Grundlagen einer liberalen und
pluralistischen Demokratie, die dem Individuum Freiräume zur
Selbstentfaltung bietet - was er demokratietheoretisch vertritt,
deckt sich in vielen Punkten mit dem, was Popper später als
„offene Gesellschaft“ bezeichnete. Des Weiteren versucht Mill,
Marktwirtschaft und soziale Gerechtigkeit miteinander zu ver-
binden und ergänzt seinen Liberalismus mit sozialstaatlichen
Elementen. Zudem stellt er die bis heute einflussreiche Nützlich-
keitsethik auf eine neue Grundlage und diskutiert genau jene
Fragen der Erkenntnisbegründung, die für den modernen Empiris-
mus wegweisend wurden. Mill wurde so nicht nur zum Vater des
modernen Liberalismus und einer erneuerten teleologischen Ethik,
sondern auch zu einem wichtigen Stichwortgeber einer wissen-
schaftsorientierten Philosophie der Moderne.
Während Mill mit seinen Werken zur Ökonomie und zur Logik
Bestsellerstatus erlangte, wurde er mit seinem konsequenten
Eintreten für Frauenrechte und für die Gleichberechtigung der
Geschlechter zu einer höchst kontroversen Figur - und zu einem
der ersten wirklich „feministischen“ Denker der Philosophie-
geschichte. Dabei hatte die Zusammenarbeit mit seiner Partnerin
und späteren Frau Harriet Taylor Mill (1807-1858) einen ganz ent-
scheidenden Einfluss auf die Herausbildung seiner philosophischen
Positionen. Inzwischen wird immer deutlicher, dass Harriet Taylor
Mill auch an der Entstehung und Abfassung anderer Schriften Mills
maßgeblich mitgewirkt hat. Wir haben es mit einem Autoren-
tandem zu tun, das im konservativen viktorianischen Zeitalter
jedoch nur unter der Marke „John Stuart Mill“ an die Öffentlich-
keit trat.
Mill hat den großen Einfluss, den Harriet Taylor Mill auf ihn
ausgeübt hat, in seinen Schriften selbst immer wieder zur Sprache
gebracht. Deshalb ist es nur konsequent, wenn Harriet Taylor Mill
neben Mill zum Gegenstand dieses Symposiums wird und nicht nur
als Mitdenkerin und Mitautorin, sondern auch als eigenständige
Philosophin gewürdigt wird. Sie war es, die Mills Position in Fragen
der sozialen Gerechtigkeit, der freiheitlichen Lebensform und der
Frauenemanzipation entscheidend bestimmte – und die, wie ihre
eigenen Texte zeigen, in vielen Punkten über Mill hinausging. Wer
sich mit Mill beschäftigt, kommt um eine Beschäftigung mit
Harriet Taylor Mill nicht herum.
Beide waren Aufklärer im klassischen Sinne: Sie glaubten an den
Fortschritt, an die Erziehungs- und Bildungsfähigkeit des Menschen
und setzten der metaphysischen Spekulation die Kraft wissen-
schaftlicher Erkenntnisse entgegen. Das von beiden geschaffene
Werk ist das philosophisch wichtigste Bindeglied zwischen der
Aufklärung des 18. Jahrhunderts und der wissenschaftsorientierten
Philosophie des 20. Jahrhunderts. Dies stärker auch im deutsch-
sprachigen Raum ins Bewusstsein zu rücken, ist das Anliegen
dieser Veranstaltung.
Seien Sie dabei und diskutieren Sie mit! Die Teilnahme ist also
sowohl in Präsenz als auch via Zoom möglich.
Ihr
&
Hinweis: Dieser Ankündigungstext basiert auf dem Vorwort von Dr. Robert
Zimmer zu der von ihm herausgegebenen Mill-Schwerpunktausgabe der GKP-
Zeitschrift „Aufklärung und Kritik”.
Dr. Frank Schulze
© Bettmann Archive
Rainer Ruder